Vaterschaftstest

erschienen in "katzen extra" 11/2004

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Einsatz von molekularbiologischen Untersuchungsmethoden in der Katzenzucht

Niemand macht es mit Absicht – doch es kann jedem Züchter einmal passieren, dass eine Katze von mehr als einem Kater gedeckt wird. Sei es , dass in einem Züchterhaushalt mit mehren Katern die Katze versehentlich Zugang zu den Katern erhält, oder eine Katze, die von einer Fremddeckung kommt, Tage später vom eigenen Kater nachgedeckt wird. Der Möglichkeiten sind viele und in der Natur ist es sogar ganz normal, dass eine Kätzin während einer Rolligkeit von mehr als einem Kater gedeckt wird. Wie kann ein Züchter in einem solchen Fall die Vaterschaft bei jedem einzelnen Kitten sicher feststellen?

Weltweit bedienen sich immer mehr Züchter molekularbiologischer Methoden, um Erbkrankheiten auszuschließen oder die Vaterschaft sicher festzustellen. Untersucht wird dabei die DNA. 

Der „genetische Fingerabdruck“ ist sicher aus der Kriminalistik bekannt. So wie er für jeden Menschen, außer für eineiige Zwillinge einzigartig ist, so hat auch jede Katze ihre gesamte Lebenszeit einen unverwechselbaren „genetischen Fingerabdruck". Er bleibt unverändert und ist im Gegensatz zur Kennzeichnung mittels Tätowierung oder Chip fälschungssicher.

Erstellung eines genetischen Fingerabdruckes:

Jede Körperzelle der Katze enthält auf 38 Chromosomen verteilt die DNA. Wie bei allen Lebewesen setzt sie sich aus Basen zusammen, die mit den Buchstaben A, C, G und T bezeichnet wird. Dieses „Genom“, also die gesamte DNA ist in allen Zellen eines Tieres gleich. Liest man die Genkarte einer Katze, so sind die Informationen, der „Bauplan“ des Tieres, verteilt wie Oasen in der Wüste. Zwischen den „Informations-Oasen“ liegt genetisches Strandgut, ohne Bedeutung. Dies ist die Reserve aus der im Laufe der Evolution neue Arten durch Mutation entstehen können

Mutationen kommen relativ häufig vor, wenn sie eine „Informations-Oase“ betreffen ist das Tier in der Regel nicht lebensfähig oder leidet an einer erblichen Krankheit. In der DNA zwischen den Oasen aber, hat eine Mutation keine Auswirkung auf das Lebewesen. Diese Mutationen vererben sich in bunter Vielfalt und aus diesen Abschnitten der DNA benutzt ein Labor einige, um die Vaterschaft eines Kitten sicher zu bestimmen. Die „Informations-Oasen“ sind nämlich bei allen Katzen zu ähnlich. Sie eignen sich deshalb nicht für die Genotypisierung, anders die bunte Vielfalt der Mutationen in den DNA Abschnitten zwischen den Oasen. Dort treten z. B. Basenpaare oder Vierergruppen von Basen in unterschiedlicher Anzahl mehrfach hintereinander auf. Dieses Phänomen wird als Short Tandem Repeat (STR) bezeichnet, die verschieden langen DNA Abschnitte als Mikrosatelliten. Auf dem Genom der Katze befindet sich eine große Anzahl von Mikrosatelliten, die aber nicht alle verwendet werden können. Bei aussagekräftigen Mikrosatelliten-Loci variiert die Anzahl der STR'S so stark, dass zwischen 8 und 15 verschieden lange DNA Abschnitte vorhanden sind, wobei jede einzelne Katze auf jedem Locus nur eine oder zwei dieser Längenvarianten (Allele) aufweist.

Mit einer biochemischen Methode, der PCR, werden die verschieden langen DNA-Stücke millionenfach vermehrt und mittels Elektrophorese getrennt und sichtbar gemacht werden. Die Kombination aus mehreren dieser genetischen Marker ergibt ein individuelles Muster, das ähnlich wie ein Strichcode oder eine Zahlenkolonne dargestellt werden kann.

In enger Zusammenarbeit des Untersuchungslabors MediGenomix in München mit dem Tierärztlichen Institut der Universität Göttingen wurden 20 Mikrosateliten-Loci ausgewählt, mit denen es möglich ist, nach der Vervielfältigung der DNA jeder Katze einen individuellen „genetischen Fingerabdruck“ zuzuordnen. Meist werden ca. 12 dieser Mikrosatelliten ausgewählt, um mit einem vertretbaren Aufwand eine Genotypisierung einzurichten, die so genau ist, dass sich z.B. eine Vaterschaft zu über 99,99% ausschließen lässt. Falls eine noch genauere Untersuchung notwendig werden sollte, stehen noch weitere, nicht in der täglichen Routine verwendete Mikrosatelliten zur Verfügung.

Einsatzmöglichkeiten in der Rassekatzenzucht

Abstammungsnachweis

Auch wenn es nicht um Unterhaltszahlungen geht. Der Vater einer Rassekatze muss genauso zweifelsfrei fest stehen, wie die Mutter.

Außer den Geschlechtschromosomen X und Y, sind alle anderen Chromosomen in jeder Zelle zweimal vorhanden. Eines stammt vom Vater, das andere von der Mutter. Das bedeutet, dass bei jedem Genlocus des Kitten einmal eine Längenvariante (Allel) vorhanden sein muss, die sich auch bei seiner Mutter findet, und einmal ein Allel, das sich auch beim Deckkater findet. Wenn beim Welpen ein oder mehrere Allel-Varianten vorhanden sind, die bei dem möglichen Vater nicht vorhanden sind, ist die Vaterschaft auszuschließen.  (Abb. 1)

Bisher konnte der erfahrene Züchter schon an der Färbung der Kitten sehen, wenn ein weiterer Kater in Spiel war, z.B. wenn ein Kitten weiße Scheckung zeigte die beide Elternteile nicht hatten. 

Es ist jetzt möglich, jeden Welpen einem Deckkater zuzuordnen, da sich die verschiedene Abstammung von Wurfgeschwistern auch ohne äußerlich  sichtbare vererbte Merkmale zuverlässig nachweisen lässt. Daher kann die molekularbiologische Diagnostik einen großen Beitrag zur Klärung von unklaren Abstammungsverhältnissen leisten, so dass allen Jungtieren die erforderlichen Papiere ausgestellt werden können, Diese Untersuchung ist in jedem Lebensalter der Katzen möglich, also auch, wenn z. B. auf einer Ausstellung die Papiere der Tiere angezweifelt werden und die Elterntiere noch leben oder deren DNA bereits bei einem Labor eingelagert oder untersucht worden ist.

Viele Vereine haben noch Zuchtrichtlinien, die aus einer Zeit vor diesen Untersuchungsmöglichkeiten stammen. So heißt es oft, dass bei Deckung durch mehr als einen Kater die Papiere für den ganzen Wurf verweigert werden. Dies hat viele Züchter zum unkorrekten Ausfüllen der Wurfmeldung verleitet, denn wer will schon einen Wurf ohne Papiere haben. Einige Vereine haben allerdings schon reagiert und in die Zuchtrichtlinien aufgenommen, dass bei molekularbiologischem Nachweis der Vaterschaft auch Papiere bei mehreren Vätern ausgestellt werden. So hat niemand mehr „Schummelei“ nötig.

 

Verwandtschaftsverhältnis

Mit Hilfe der molekularbiologischen Diagnostik ist es möglich, die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Katzen auf genetischer Ebene zu untersuchen.

Selbst bei Wurfgeschwistern, die von einem einzigen Deckkater abstammen, können genotypisch erhebliche Unterschiede bestehen, die äußerlich nicht zu erkennen sind. Da ein Jungtier je einen Chromosomensatz von der Mutter und einen vom Vater erhält, gibt es je Chromosom 4 verschiedene mögliche Kombinationen. Auf das gesamte Katzengenom mit 38 Chromosomen hochgerechnet ergibt dies 7,5 X 1022 Kombinationsmöglichkeiten väterlicher und mütterlicher Chromosomen. Mit den 10 zur Genotypisierung der Katzen verwendeten Mikrosatelliten Loci kann die genotypische Verwandtschaft mit einem vertretbaren Aufwand ausreichend aussagekräftig festgestellt werden. Gerade bei Katzenrassen mit relativ wenigen zur Zucht verwendeten Tieren ist es sehr wichtig, möglichst wenig verwandte Tiere miteinander zu verpaaren, um Inzucht vorzubeugen und die in der Population enthaltene genetische Vielfalt, den "Genpool", zu erhalten.

Warum es so wichtig Ist, einen umfangreichen Genpool zu erhalten, soll folgendes Beispiel zeigen:

Im Laufe der Evolution gab und gibt es einen ständigen Kampf zwischen Krankheitserregern und für diese Krankheitserreger anfällige Tiere.

In einer bestimmten Situation sind alle Tiere einer Population immun gegen einen Krankheitserreger, d. h. sie besitzen Antikörper gegen diesen Erreger. Sobald sich aber ein Krankheitserreger in seinem Genotyp verändert, besitzt nur ein Teil der Tiere die Fähigkeit, gegen diesen Erreger Antikörper zu bilden. Diese Tiere werden überleben und sich fortpflanzen. Die Tiere, die nicht in der Lage sind, Abwehrkräfte gegen den neuen Erregertyp zu entwickeln, werden sterben. Bei einer Rasse mit sehr wenigen zur Zucht verwendeten Tieren gäbe es nur sehr wenige Katzen, die auf einen veränderten Krankheitserreger reagieren können, aber andere Tiere können dies nicht.

Hier würde auch eine Impfung nur bedingt helfen. Der Bestand der Rasse könnte gefährdet sein. Je vielfältiger der Genpool einer Rasse ist und je weniger Inzucht betrieben wird, desto höher ist die Chance, dass ein großer Teil der Zuchttiere überleben wird.

Falls ein sehr wertvoller Kater, welcher überdurchschnittlich häufig zur Zucht eingesetzt wird, Träger einer Erbkrankheit ist, die sich in seinen direkten Nachkommen nicht bemerkbar macht, sondern erst in deren Nachkommen, besteht die Gefahr, dass ein Großteil der Katzen einer bestimmten Rasse in sehr kurzer Zeit Vererber dieser Krankheit sind.

Falls nur eine relativ kleine Anzahl von Zuchttieren zur Verfügung steht, muss die genetische Verwandtschaft der Tiere vor der Verpaarung unbedingt untersucht werden.

 

Untersuchungsmethoden

Generell kann für die Genotypisierung einer Katze jede Zelle benutzt werden. Allgemein üblich ist die Untersuchung einer Blutprobe. Hierbei wird vom Tierarzt 0,6 bis 1 ml Blut genommen. Die Blutentnahme kann auch im Rahmen einer anderen Untersuchung erfolgen. wenn der Tierarzt z. B. das Blutserum benötigt, können die übriggebliebenen Blutzellen zur Untersuchung verwendet werden. Bei Kitten kann man auch gleich bei der Geburt Nabelblut entnehmen, so erspart man den Kleinen einen Tierarztbesuch und erhält schon früh die Information über die Vaterschaft.

 Eine weitere Möglichkeit, ist die Entnahme einer Schleimhauttupferprobe aus der Mundhöhle, der „Speicheltest“ wie er auch in der Kriminalistik verwendet wird. Hierbei werden bei richtiger Durchführung genügend Schleimhautzellen für eine DNA-Untersuchung am Tupfer oder Bürstchen hängen bleiben. Bei Kitten die noch gesäugt werden, kann es allerdings passieren, dass mehr mütterliche Milchzellen in der Probe sind, als Schleimhautzellen des Welpen. Bei älteren Tieren ist dies unproblematischer.

 Die Untersuchung von Haaren mit Wurzeln ist ebenfalls möglich: Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass Katzen sich gerne gegenseitig putzen und so, zusätzlich zu der DNA aus dem Haarbalg eventuell DNA aus dem Speichel eines anderen Tieres dazu gesellt. Dies verfälschst natürlich das Ergebnis. Die Untersuchung von Haaren dauert länger, als die Blut- oder Speicheluntersuchung. Sie wird z.Zt. auch nur von einem Labor in Deutschland angeboten.

 Die entnommenen und eindeutig gekennzeichneten Proben werden mit einem ausgefüllten Untersuchungsauftrag dann auf dem normalen Postweg zu einem auf DNA-Analytik spezialisierten Laborgeschickt, wo die DNA isoliert und untersucht wird. In der Regel liegt das Ergebnis innerhalb von drei Arbeitstagen nach Probeneingang vor 

Abb. 1:

Ein Nachkomme muss auf jedem Locus je ein Allel von seiner Mutter und seinem Vater besitzen.

rot: mütterliche Allele, die vererbt wurden

blau: väterliche Allele, die vererbt wurden 

schwarz: Allele, die nicht vererbt wurden 

grün Allel von Kater 1, die bei dem Welpen nicht vorkommen und somit die Vaterschaft von Kater 1 ausschließen

 

Locus

 

Kater I

Allel l

 

Allel 2

Kater 2

Allel l

 

Allel 2

Kätzin

Allel l

 

Allel 2

Welpe

Allel l

 

Allel 2

MGX 1

 

134

140

134

138

142

154

134

142

MGX 2

 

114

114

116

120

118

130

120

130

MGX 3

 

210

220

210

220

216

218

210

218

MGX 4

 

114

120

112

114

126

130

114

126

MGX 5

 

91

111

91

113

115

 

117

91

115

 

MGX 6

 

185

187

183

185

197

225

185

225

MGX 7

 

135

139

129

139

127

147

129

147

MGX 8

 

138

174

154

166

152

172

166

172

MGX 9

 

125

133

125

129

121

127

121

125

MGX 10

 

250

252

252

256

254

260

252

260